Bayerisches Rotes Kreuz: Jetzt schnelle Zahlenübersicht

wilken-logoWie wird aus 80 Kontenplänen ein einziger? Indem alle einig an einem Strang ziehen! Diese Er fahrung machte das Bayerische Rote Kreuz (BRK) bei einem IT-Projekt, das zweifellos zu den aktuell größten in der deutschen Sozialwirtschaft zählt. Es handelt sich um die unternehmensweite Einführung eines neuen Finanz- und Rechnungswesens mit Controlling und Berichtswesen. Dadurch ist nun eine Konsolidierung auf Knopfdruck möglich – bezogen auf die Landesgeschäftsstelle ebenso wie auf die fünf Bezirks- und alle 73 Kreisverbände. Die Lösung kommt von der Wilken Entire AG, dem Ulmer Spezialisten für Software in der Gesundheits- und Sozialbranche.

Es war ein Großprojekt in Millionenhöhe. Über drei Jahre hinweg arbeiteten über 30 Mitarbeiter des BRK mit den Entwicklern und Beratern des Softwareunternehmens zusammen. Start war im Herbst 2007, nachdem in der Endausscheidung die Wahl gegen die üblichen Verdächtigen, die Wettbewerber SAP und All for One, gefallen war. Die Auswahlkriterien machen zugleich die Herausforderungen hinsichtlich der Projektziele deutlich. Das BRK ließ die konkurrierenden Softwareanbieter genau wissen, wie das Haus später bestellt sein sollte. Die neue Softwarearchitektur sollte größere Bezirksverbände ebenso im gleichen System abbilden können wie den kleinsten Kreisverband. Die Software sollte zudem die Möglichkeit bieten, Wachstum zu berücksichtigen. Motto: Heute eine kleine Kostenrechnung – morgen strategisches Controlling. Außerdem sollte das neue System den Wünschen des Managements nach schnellem Überblick gerecht werden. Diese Anforderung zielt auf moderne Auswertungsmöglichkeiten, die allerdings weitgehend von jedem Mitarbeiter beherrschbar sein sollten. Schließlich sollte die neue Software benutzerfreundlich, wenn nicht gar intuitiv bedienbar sein. Bei der Beauftragung kam Wilken Entire zu Gute, dass der BRK-Kreisverband München bereits seit weit über zehn Jahren mit Software aus der Wilken-Gruppe arbeitet. Will heißen: Die grundlegenden BRK-Geschäftsprozesse waren bekannt.

Seit Oktober 2010 ist das Projekt abgeschlossen. Es beinhaltet eine Finanz- und Anlagenbuchhaltung, eine Kosten- und Leistungsrechnung, Systeme zur Kassenund Spendenbuchhaltung, das Modul Electronic Banking sowie ein Informationssystem zur flexiblen Auswertung von Daten. Außerdem wurden das IT-System der Personalwirtschaft und über 30 sozialwirtschaftliche Fach- und Abrechnungsverfahren an die führende Entire-Software angeschlossen. Hinzu kommt ein modernes Dokumenten-Management-System (DMS). Dieses beschleunigt die Verwaltung von Dokumenten, vereinfacht zahlreiche ablauforganisatorische Prozesse und verbessert die Suche nach Belegen.

Es galt, das historisch gewachsene, selbst programmierte Unix-System Fibu 2000 abzulösen. Der Handlungsdruck war in den vergangenen Jahren immer mehr gewachsen. Mit der unternehmensweiten Konsolidierung musste jeweils zu Jahresanfang begonnen werden, um diese im Sommer dem Wirtschaftsprüfer vorlegen zu können. Der Grund: Es war keine zentrale Auswertung möglich. Folglich standen keine aktuellen Management-Kennzahlen zur Steuerung des Verbands zur Verfügung. Vieles musste mühsam aus Excel- Tabellen herausgelesen werden. Zentrales Ziel war es demnach, über moderne Software eine wirtschaftliche Arbeitsweise herbeizuführen – bezogen auf die jährliche Konsolidierung, gleichermaßen aber auch auf die tägliche Arbeit. Denn zusammengenommen gab es für die 73 Kreis-, fünf Bezirksverbände und für die Landesgeschäftsstelle insgesamt 177 Buchungsmandanten. Dies ist für eine so große Organisation wie das Bayerische Rote Kreuz keineswegs ungewöhnlich. Wie in vielen anderen (sozialen) Einrichtungen auch wächst Software durch  hinzukommende Anforderungen so lange, bis irgendwann das große Aufräumen kommen muss. Ein „Frühjahrsputz“ gewissermaßen.

Beim „großen Reinemachen“ wurde jeder Mandant sozusagen in die Hand genommen und gefragt: „Brauchen wir den noch, oder können wir ihn in eine andere Hierarchie bringen?“ 80 Kontenpläne standen auf dem Prüfstand. In einer gemeinsamen Räumaktion blieb davon ein einziger übrig. Dadurch ist jetzt die Konsolidierung quasi auf Knopfdruck möglich. Die Migration war ein Kraftakt. Insgesamt mussten die Daten von 177 Mandanten ins neue System überführt werden. Pro Mandant bedeutete das rund einen halben Tag Arbeit. Dabei war Geduld und vor allem Präzision angesagt. Denn pro Mandant waren rund 40 Einzelschritte zu beachten, die exakt ineinandergreifen und nacheinander ablaufen mussten. Ein großer Stolperstein waren die über 30 Vorsysteme, die es anzubinden galt. Beispiele: Heimverwaltung für Altenheime, Kindertageseinrichtungen, Essen auf Rädern etc. Wilken Entire installierte eine Standardlösung, an die seitdem alle Vorsysteme andocken und ihre Daten zur Verfügung stellen. Abgesehen von den zahlreichen technologischen  lippen, die umschifft wurden, war das BRK-Projekt eine große menschliche Herausforderung. Es gab eine Steuerungsgruppe mit 16 Mitgliedern, die sich zwei Jahre lang alle drei Monate traf. 30 Beschäftigte arbeiteten im Projekt selbst. Eine Mitarbeiterin des BRK wurde eigens für das Projekt abgestellt und begleitete es bis zum Roll-out. Hinzu kamen Hunderte von Einzelterminen, die auf der Seite von Wilken Entire vor allem von Reinhold Lutz wahrgenommen wurden. „Ohne dass sich Menschen verstehen, scheitern Projekte solcher Größenordnung“, ist der Leiter Beratung und Projektleiter überzeugt. „Für mich persönlich war es das bisher größte und schwierigste Projekt in 15 Jahren Berufserfahrung in der IT.“ Kein Wunder – bei 72 Schulungen Finanzbuchhaltung zu jeweils 3 Tagen, 24 Schulungen Anlagenbuchhaltung und 24 Seminaren Controlling zu jeweils einem Tag, sechs Spezial-Workshops E-Banking und 12 Anwendertreffen zu Neuerungen, Hilfen, Tipps, Wünschen.

Das größte Wagnis bürdete sich indes das Bayerische Rote Kreuz selbst auf. Hierbei sollte die Frage der Eigenständigkeit der fünf Bezirks- und 73 Kreisverbände eine zentrale Rolle spielen. Es galt, das erste Projekt in der Geschichte des BRK zu meistern, in das alle mit einbezogen werden sollten und mussten. Die interne Skepsis zu Beginn war groß – und sie hielt über weite Phasen des Projektes an. „Die Wende, in dem anfangs schwierigen Projekt gelang durch die Anwendertreffen mit mehr als 400 Teilnehmern. Damit hatte das Projektteam die Möglichkeit, alle Anwender direkt zu erreichen und echte Probleme von Befindlichkeiten zu unterscheiden und gute Lösungen zu finden. Dadurch wurde Vertrauen und Verständnis erreicht“, so Dieter Deinert, der für IT zuständige Landesgeschäftsführer. Das Gebot der Stunde hieß demnach vor allem an einem Strang zu ziehen, was auch gelang. Darauf sind alle Verantwortlichen stolz und dürfen dies – nach Aussage der Präsidentin, Frau Christa Prinzessin von Thurn und Taxis, auch sein.

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