Eine Software, die bei der Unternehmensgründung noch völlig ausreichte, wird schnell zum Engpass, wenn das Unternehmen ein Erfolgsmodell ist. Zumal wenn die Branche besondere Anforderungen stellt. So geschehen beim Automobilzulieferer Alutec.
Die Alutec metal innovations GmbH & Co. KG, Sternenfels, hat sich auf die Kaltumformung durch Fließpressen von Aluminium und anderen Werkstoffen sowie Sonderlösungen in der mechanischen Nachbearbeitung spezialisiert. Das 1988 in der Goldstadt Pforzheim von den Brüdern Willy und Stefan Kretz gegründete Unternehmen musste 1997 aus Platzgründen in das etwa 30 Kilometer entfernte Sternenfels ausweichen, wo man im ersten Bauabschnitt 3700 qmProduktions- und Büroflächen errichten konnte. Dort fertigt man heute zu gut 90 Prozent für die Automotive-Branche. Das Produktportfolio reicht vom Kühlkörper für Klima- und LED-Elektronik über Kolben für die Getriebesteuerung oder Bremsen bis zu Gehäusen für das Motorenmanagement und Wegmesssysteme. Allein an Gehäusen für die Ultraschallsensoren von Einparkhilfen produziert Alutec gut 40 Mio. Stück pro Jahr. Zu den Kunden zählen die großen Systemlieferanten wie Bosch, Hella, TRW oder Wabco. Knapp 1500 Tonnen Aluminium verarbeiteten die durchschnittlich 230 Mitarbeiter 2012 und erwirtschafteten dabei einen Umsatz von über 20 Mio. Euro.
Einstiegssoftware bald unzureichend
Der informationstechnologische Unternehmensstart bestand in einem einfachen Auftragsabwicklungsprogramm und parallel dazu einer Qualitätssicherungssoftware. Aber schon nach gut zehn Jahren stießen die Programme an ihre Grenzen; nicht zuletzt, weil die organisatorischen und qualitativen Anforderungen in der Automobilindustrie immer höher geschraubt wurden. Produktionsleiter Frank Schöninger weiß noch: „1997 hatten wir noch nicht einmal Artikelnummern für Einkaufsteile, vieles erledigten wir händisch. Bei schnell steigenden Produktionszahlen konnte das nicht mehr lange gut gehen.“ Folglich entschied sich die Geschäftsleitung mit dem Umzug auch für die Einführung eines modernen ERP-Systems.
Gemeinsam mit einem externen Berater arbeitete man ganz klassisch ein Pflichtenheft aus, analysierte auf dessen Basis verschiedene Lösungen auf dem Markt und lud schließlich zwei Anbieter zur Präsentation. Die rasche Entscheidung für den ERP-Standard PSIpenta der Berliner PSIPENTA Software Systems GmbH begründet Schöninger unter anderem so: „Dass man mit einem Referenzübergang vom Artikelstamm leicht in die Produktion kam und sich alle Fertigungsaufträge anschauen konnte, war damals einmalig.“ Ein weiterer wesentlicher Punkt war, dass dieses ERP-System als einziges ein SCM-Modul und ein EDI-Modul integriert hatte. Bei allen anderen Anbietern musste die Software zusätzlich gekauft werden. So konnte schließlich zum Jahresanfang 1999 das neue System in Betriebgehen.
Offen für jeden Wunsch
Als einer der größten Vorteile für den Automobilzulieferer stellte sich die offene Schnittstelle des neuen Systems heraus. „An die PSIpenta-Schnittstelle konnten wir von Anfang an selbst programmierte Module anhängen. So konnten wir immer im Standard bleiben und mussten nie Anpassungen machen“, weiß Benjamin Schweizer, Leiter Vertrieb, Logistik und Einkauf. Diese teilweise schon vor Jahren programmierten Module sind heute noch im Einsatz. „Wir haben immer mal wieder etwas ergänzt. So können Sie auch mit einer mittelständischen IT-Abteilung ohne externe Hilfe sehr viel selbst machen“, begründet Schweizer, warum das System aus seiner Sicht so gut für den Mittelstand geeignet ist.
„Was für uns im Automotive-Umfeld wichtig ist und sich deutlich vom Maschinen- und Anlagenbau unterscheidet, ist die Kommunikation mit dem Kunden per EDI und das ständige Verschieben und Wechseln von Lieferterminen“, beschreibt Schöninger den Grund für eine selbst programmierte Anpassung. Die Kunden übertragen nachts ihre Lieferterminwünsche, auf die man dann kurzfristig reagieren muss, auch in der Fertigungsplanung. Darum hat Alutec ein eigenes Tool programmiert, das jede Nacht für jeden Artikel einen automatischen Dispositionslauf ermöglicht.
Kapazitätsgebirge und Ausschussverhalten
Der PSIpenta-Leitstand berücksichtigt alle nächtlich erhobenen und angepassten Daten und zeigt am nächsten Tag die korrekte aktuelle Produktionsplanung. Neben dem Leitstand kommen auch BDE (Betriebsdatenerfassung) und PZ (Personalzeiterfassung) mit den entsprechenden Terminals in der Fertigung zum Einsatz sowie die Finanz- und Buchhaltungssoftware vom PSIPENTA-Partner Varial und das iCenter zur elektronischen Rechnungskontrolle und -bearbeitung von einem weiteren Partner, der Intex GmbH. Außer den Arbeiten im Vertrieb bildet das ERP-System den gesamten Auftragsdurchlauf bis zur Rechnungsstellung ab. „Wir starten mit PSIpenta, wenn uns der Kunde eine Bestellung oder einen Rahmenvertrag geschickt hat“, so Schöninger. Der Auftrag wird angelegt und Bestellungen über Werkzeuge und Rahmenverträge über Teilelieferungen werden generiert. In der Arbeitsvorbereitung legt man die entsprechenden Stammdaten an, die Artikel, die notwendigen Anlagen und die Arbeitspläne.
Die eigentliche Fertigung startet dann mit der elektronischen Übertragung der Lieferabrufe des Kunden. Außer einigen älteren Bestandskunden, die noch klassisch per E-Mail oder Fax bestellen, kommen diese Abrufe via EDI, laufen automatisch ins ERP-System, das sie übernimmt und mit dem nächtlichen Dispositionslauf abgleicht. In der ersten Stufe generiert das System für den Einkauf automatisch eine Liste aller Teile, die bestellt werden müssen. Nach einer Prüfung kann die Bestellung mit einem Mausklick ausgelöst und den Lieferanten zugestellt werden. Parallel dazu erscheinen die Fertigungsaufträge im Leitstand, der unter anderem auch eine Gesamtsicht auf die nächste Zukunft zulässt. Man kann sich in einer Grafik ein in die Zukunft gerichtetes Kapazitätsgebirge darstellen lassen und erfährt etwas über richtig oder falsch angelegte Schichtpläne sowie verfügbare oder tatsächlich benötigte Kapazitäten. In jedem Fertigungsbereich gibt es BDE-Terminals, an denen sich die Mitarbeiter mit einer Chipkarte an- und abmelden. Mit dem Terminal geben sie ins System ein, an welchem Auftrag sie arbeiten, wie viel Teile und wie viel Fehlteile sie produzieren sowie die Ursachen für die Fehlteile. „Das erlaubt uns, schichtaktuell unsere Produktionsleistung zu sehen, unsere Wertschöpfung und unser Ausschussverhalten. Über die entsprechen den Reporting Tools sehen wir alles auf dem Bildschirm“, veranschaulicht der Fertigungsleiter. Über Statusmeldungen können Fertigungsleiter, Controller oder Geschäftsführung stets sehen, wie weit ein Auftrag mengenmäßig oder zeitlich fortgeschritten ist. Die Betriebsleistung lässt sich auf Tagesbasis verfolgen. „Wir sehen aktuell, ob unser Personal- und Materialeinsatz im richtigen Verhältnis zur Betriebsleistung stehen oder ob wir irgendwo gegensteuern müssen“, erläutert Schweizer.
Erfolgreich branchenorientiert
Jeden Morgen besprechen alle Abteilungsleiter gemeinsam die tagesaktuellen Themen. Dort kann man dann gegebenenfalls einem zu hohen Lieferdruck gegensteuern, etwa durch zusätzliche Schichten. PSIpenta gleicht also ab, was der Kunde verlangt und was an Unternehmensleistung erbracht werden kann. Klafft die Schere zu weit auseinander, erfolgt eine organisatorische Reaktion durch die entsprechenden Führungskräfte. „Auf der Informationsbasis unserer Reporting Tools können wir schnell und qualitativ gut über die einzelnen Aktionen und Maßnahmen entscheiden“, versichert Schöninger. Von Beginn an schloss Alutec mit PSIPENTA einen Wartungsvertrag ab, der ihnen unter anderem regelmäßige Updates und Upgrades sicherte. „Wir fingen seinerzeit mit dem Auftragsmanagement an. Aber mit jedem Modul, das wir hinzu bekamen, bis hin zu Reporting und Controlling, konnten wir unsere Transparenz weiter erhöhen und in letzter Konsequenz unsere Leistungsfähigkeit wie etwa die Liefertermintreue bis in die Spitzenregionen steigern“, beschreibt der IT-Leiter die Entwicklung. Und Schöninger betont: „PSIPENTA war schon immer als Spezialist für den Maschinen- und Anlagenbau bekannt. In den letzten Jahren haben sie sich aber auch deutlich zu einem Automotive-Spezialisten entwickelt. “Durch die immer bessere Abbildung der Automotive-spezifischen Prozesse gehörten vor allem reduzierte Lagerbestände und deutlich verkürzte Durchlaufzeiten zu den nachweislichen Erfolgen. „Damit verfügen wir über einbranchenorientiertes ERP-System mit einer offenen Schnittstelle, über die sich noch die individuellsten Wünsche einfach realisieren lassen“, resümiert Schweizer.